Die Zukunft der Occasionsblase

In den letzten zwei Jahren stiegen die Preise von gebrauchten Fahrzeugen immer weiter an. Die Gründe dafür sind vielfältig, eine zuverlässige Prognose der Preisentwicklung benötigt das Einberechnen vieler Faktoren. René Mitteregger, Leiter Produktmanagement der Auto-i-DAT, und Azren Rastoder, Leiter Redaktion der Auto-i-DAT, kennen die Trends und Zahlen der Branche. Sie erwarten eine sanfte Landung der Occasionspreise.

Im letzten Monat berichteten wir an dieser Stelle darüber, dass in den ersten drei Quartalen 2022 deutlich weniger Gebrauchtwagen den Halter wechselten als die Jahre zuvor. Als mögliche Gründe für den Rückgang vermutete René Mitteregger damals den Krieg in der Ukraine und den Mangel an Neufahrzeugen auf dem Markt. Diese Gründe bringt er auch zur Sprache, wenn es um die steigenden Preise der Occasionsfahrzeuge geht. Der Halbleiter-Mangel, die Lieferschwierigkeiten der Hersteller und die Staus an den grossen Häfen der Welt führten dazu, dass deutlich weniger Neuwagen verkauft wurden. «Der resultierende Nachfrageüberschuss hat zur Überhitzung der Preise im Handel geführt», sagte Mitteregger dazu in der Novemberausgabe im AUTOINSIDE.


Langsame Preisreduktion


Doch aktuell ändern sich die Voraussetzungen, die Lieferschwierigkeiten werden langsam behoben. Die Hersteller fahren ihre Produktion wieder hoch. Sofern sich der Ukrainekonflikt und die Energiekrise nicht weiter zuspitzen, könnten die Hersteller schon bald wieder deutlich mehr Fahrzeuge ausliefern. Gegenüber AUTOINSIDE äusserte Mitteregger sich zu möglichen Szenarien: «Ein mögliches Szenario, welches die Blase zum Platzen bringen könnte, wäre, wenn die Hersteller zwar produzieren und auch ausliefern können, die Kauflust beziehungsweise die Nachfrage für Neuwagen aber stark sinkt.» Träfe dieses Szenario ein, müssten die Preise für Neuwagen gesenkt werden, um deren Verkauf anzukurbeln. «Das hätte zur Folge, dass die hohen, überhitzten Preise der Occasionen erodieren», ergänzt Mitteregger.

Basierend auf den Zahlen der Auto-i-DAT ist allerdings von einem weitaus optimistischeren Szenario auszugehen. Azren Rastoder sagte dazu im AUTOINSIDE, dass die Occasionspreise in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder den üblichen Abschreibungen von Fahrzeugen entsprechen würden. Dies, weil die Kosten für die Produktion wieder sinken, wenn die Hersteller in grösseren Mengen produzieren können. «Tiefere Neupreise haben einen direkten Einfluss auf den Restwert eines Fahrzeuges, da der Neupreis die Basis für die Berechnung des Restwerts liefert», so Rastoder. Bedeutet: Die Occasionspreise würden sinken. Eher optimistisch stimmt Mitteregger ausserdem der Fakt, dass aktuell rund eine Viertelmillion Fahrzeuge auf dem Markt fehlen. Er sagt: «Dieser Nachfrageüberhang wird nicht einfach so verschwinden.» Und da in den letzten Jahren viele Fahrzeuge auf dem Markt fehlten, kommen auch wenige junge Occasionen auf den Markt. Insofern erwarten sowohl Rastoder als auch Mitteregger eine sanfte Landung der Occasionspreise.