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René Mitteregger
Datenspezialist bei der auto-i-dat ag
Der Ausbruch der Coronavirus-Epidemie wird das Autojahr 2020 massgeblich negativ beeinflussen: Davon geht René Mitteregger, Datenspezialist bei der auto-i-dat ag mit Sicherheit aus. Er ist überzeugt, dass nicht nur der Handel, sondern auch der Aftersales betroffen sein wird.
René Mitteregger, in einer ersten Prognose für 2020 gingen Sie ursprünglich davon aus, dass sich sowohl der Neuwagen- als auch der Occasionsmarkt ähnlich entwickeln werden wie 2019. Damals war noch nicht im Ansatz abschätzbar, welche Tragweite der Ausbruch des Coronavirus haben würde. Wie beurteilen Sie die Entwicklung auf Basis des aktuellen Wissensstands?
René Mitteregger: Das ist schwierig zu sagen. Corona hat uns – Stand Mitte März – alle voll im Griff und beeinflusst das Verhalten der Menschen zunehmend stark. Einerseits kann Corona dafür sorgen, dass viele Menschen den öffentlichen Verkehr meiden, sich nach Individualmobilität umsehen und darum gerade der Occasionsmarkt einen Aufschwung erleben könnte. Leider aber stehen die Zeichen im Moment schlecht, weil zurzeit die Angst grassiert und die ist bekanntlich ein schlechter Berater. Viele Menschen sind über die Entwicklung schockiert und horten ihr Erspartes. Das heisst im Gegenzug, dass weniger Geld ausgegeben wird, weshalb mit Sicherheit auch der Fahrzeughandel darunter leiden dürfte – das gilt für den Neu- wie auch für den Occasionsmarkt.
Wie schnell reagiert der Konsument in Bezug auf den Autokauf (Neu- und Occasionen) in Zeiten, in denen sich eine Krise abzeichnet? Können Sie sich als Marktbeobachter auf Erfahrungen abstützen?
Erfahrungen gibt es zu solchen Szenarien leider keine. Corona ist für uns alle neu. Sicherlich werden wir einen direkten Einbruch der Occasionsverkäufe feststellen können. Bei den Neuwagen dürfte sich ein echter Einbruch erst mit Verzögerung zeigen. Zumal die Neuwagen bereits vor Corona bestellt wurden und bis vor kurzem auch produziert wurde. Mittlerweile haben viele Hersteller ihre Produktion eingestellt und die Mitarbeiter nachhause geschickt. Somit werden vermutlich auch bereits bestellte Fahrzeuge nicht mehr produziert und gelangen auch nach Corona erst verzögert zur Auslieferung. Dies wird unweigerlich Einfluss auf den Neuwagenverkauf haben und uns noch einige Zeit nach Corona begleiten.
In China brach der Neuwagenmarkt im Zuge der Corona-Krise regelrecht zusammen – ist so etwas auch bei uns zu befürchten?
Ja, ich denke schon. Der Mensch reagiert in Extremsituationen nicht immer rational. Dass aber ein unmittelbarer Effekt entsteht, verhindert unsere Art des Autokaufs. Wir Schweizer bestellen ein Auto und warten dann geduldig auf die Lieferung, die sich gelegentlich auch über ein halbes Jahr ziehen kann. In China werden, wie in Amerika auch, bereits produzierte Autos gekauft. Darum dürfte der Neuwagenmarkt in der Schweiz mit Verzögerung auf den Virus reagieren. Es gibt sicher signifikante Einbussen, auch wenn man bedenkt, dass nun die gesamte Produktion in Europe stillgelegt ist.
Der weltweite Automarkt ist eh schon angeschlagen, die Märkte tendenziell gesättigt. Worauf müssen wir uns vorbereiten?
Die Welt wird nach Corona nicht mehr dieselbe sein. Es dürfte ein Umdenken stattfinden. Man stellt nun fest, dass einerseits die Individualmobilität eine Lösung ist, Menschenansammlungen aus dem Wege zu gehen. Andererseits wird aber ebenfalls klar, dass die vormals rege Reisetätigkeit mit anderen Lösungen wie Homeoffice, Telefon- und Videokonferenzen usw. zu grossen Teilen nicht nötig ist. Dies könnte einer Entwicklung der Mobilität im Allgemeinen entgegenwirken. Abhängig davon, wie sich Corona in den nächsten Monaten entwickelt, kann dies eine enorme Auswirkung auf die Automobilindustrie haben. Die aktuelle Situation wird auch bei den Garagisten signifikante Einbussen verursachen: Die Showrooms sind zu. Und wird weniger gefahren, wird auch weniger repariert.
Welche Rolle spielt zusätzlich der Umstand, dass die Konsumenten in Bezug auf den nächsten Antrieb verunsichert sind und deshalb mit dem Neuwagenkauf zuwarten, um zu sehen, was sich tatsächlich durchsetzt?
Die Käufer waren ja bereits ohne Corona verunsichert, welche Antriebsart sie kaufen sollen. Es wird zurzeit fast ausschliesslich mit Elektrisch oder Teilelektrisch betriebenen Fahrzeugen geworben und das hat einen Einfluss auf das Kaufverhalten vieler. Fast jeder Hersteller bietet in naher Zukunft «seine» elektrifizierte Lösung an. Das macht die Situation nicht einfacher. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Schliesslich entscheidet der Preis, ob ein Angebot für den Käufer attraktiv ist. Denn nicht jeder Käufer hat die Möglichkeit sich eine Wall-Box anzuschaffen. Aktuell wird, wie eingangs erwähnt, der Konsument bei einer länger anhaltenden Corona-Gefährdung seine Kaufgewohnheiten ändern und seine Ersparnisse horten. Dann tuts auch noch der «Alte» für die nächsten Monate und eine Neuanschaffung wird unabhängig von der Antriebsart verschoben. Sicher wird in naher Zukunft nicht die Antriebswahl den massgeblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Vielmehr wird die Lieferfähigkeit «nach Corona» darüber entscheiden, was gekauft wird.
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