«Neue Elektrofahrzeuge sind wertstabiler als Benziner»

René Mitteregger
Abteilungsleiter Produkte
auto-i-dat ag

Im Zuge des «Elektro-Booms» entsteht zunehmend ein Markt für Occasionen. Damit wird für einen immer breiteren Kreis von Händlern eine entscheidende Frage immer relevanter: Wie entwickeln sich die Restwerte von gebrauchten Elektrofahrzeugen? Unsere Datenspezialisten unter der Leitung von René Mitteregger beobachten diese Entwicklung seit langem sehr genau.

René Mitteregger wurde in den letzten Wochen und Monaten sehr häufig auf das Thema «Restwerte von Elektrofahrzeugen» angesprochen, unter anderem auch vom AGVS-Newsdesk, der für die April-Ausgabe von AUTOINSIDE, die am 6. April erscheint, einen Artikel zu diesem Thema schreibt. In diesem Zusammenhang hat der AGVS-Newsdesk nicht nur mit unserem Kunden Carplanet der Garage Galliker Gruppe gesprochen, sondern er hat als Basis für den ganzen Artikel auch mit René Mitteregger ein Gespräch geführt, das wir unseren Leserinnen und Lesern in Auszügen hier zugänglich machen.

René Mitteregger, kann auto-i-dat aufgrund eurer Datenbasis sagen, wie sich der Wertverlust von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu Benzinern und Dieselfahrzeugen aktuell verhält?
René Mitteregger: Ja, das können wir. Wir erstellen neben einer Bewertung auch Forecasts und müssen in der Lage sein, auch Restwerte in die Zukunft zu projizieren. In jungen Jahren verhält sich ein Elektrofahrzeug eher besser im Restwert als ein vergleichbares Fahrzeug mit Benzin- oder Diesel-Antrieb. Wird das Fahrzeug älter, wertet es dagegen schneller ab. Das liegt einerseits daran, dass Elektrofahrzeuge noch relativ jung sind und dadurch schnelle Technologiewechsel erfahren. So waren die meisten Elektroautos vor sechs bis sieben Jahren mit nur kurzen Reichweiten ausgestattet. Moderne Elektroautos schaffen gleiche Reichweiten wie ein vergleichbarer Benziner.

Wie hoch ist der durchschnittliche Wertverlust eines Elektrofahrzeugs am Ende des ersten und am Ende des zweiten Betriebsjahres? Hat sich dieser Wert in den vergangenen zwei Jahren verändert?
Das ist sehr individuell und von Fahrzeug zu Fahrzeug unterschiedlich. Darum kann kein allgemeiner Wert genannt werden. Sicher ist, dass neue Elektrofahrzeuge in den ersten Jahren wertstabiler sind als Verbrenner.

Welche E-Fahrzeuge erleiden den grössten Wertverlust? Und welche sind besonders werterhaltend?
Auch das ist sehr unterschiedlich. Grundsätzlich festzuhalten ist, dass ältere Fahrzeuge mit einer Technologie, die inzwischen nicht mehr ganz «up to date» ist, deutlich an Wert verlieren.

Was wird im Bereich E-Fahrzeuge aktuell besonders gesucht? Und was bleibt aktuell eher stehen?
Ältere Fahrzeuge und damit ältere Technologien, so zu sagen die Pioniere der Elektromobilität, lassen sich nicht mehr so gut verkaufen. Im Moment boomen die jungen Gebrauchten.

Registriert auto-i-dat rund um die Elektrofahrzeuge bemerkenswerte Entwicklungen?
Ja, die Batterietechnologie macht enorme Fortschritte. Nicht nur in der Technik, sondern auch im Preis. So sollen demnächst Batterien auf den Markt kommen, die sich schneller laden lassen und nur noch ein Bruchteil der jetzt verwendeten Batterien kosten sollen.

Verschiedene Marktanalysen kommen zum Schluss: Mit einem zukünftigen Anstieg des gebrauchten Elektro-Angebots und einer noch stärkeren Nachfrageentwicklung wird erwartet, dass sich die Restwertentwicklung von Elektroautos weiterhin auf dem Niveau von vergleichbaren Verbrenner-Modellen bewegen wird. Wie sieht das auto-i-dat?
Das ist zu vermuten. Jedoch muss die Nachfrage vorhanden sein. Und das hängt massgeblich von der Ladeinfrastruktur ab. Nicht jeder Automobilist kann sein Auto Zuhause in seiner Garage laden.

Ist die Annahme, dass aktuelle Modelle (2020/2021) bis 2025 ihren Wiederverkaufswert im Vergleich zu Benzinern nicht nur halten, sondern sogar verbessern können, realistisch?
Das hängt von der Nachfrage ab. Aber junge Gebrauchte halten, wie bereits gesagt, ihren Preis.

Ist die Annahme, dass neue Elektrofahrzeuge teilweise sogar deutlich besser sind als frühere Generationen (mehr Reichweite, zuverlässigere Batterien) und deswegen der Restwert von älteren Fahrzeugen überproportional fällt, realistisch?
Ja, ob man von überproportional sprechen kann, wage ich aber zu bezweifeln. Jedoch ist es so, dass jeder Technologieschritt den Vorgänger «alt» aussehen lässt. Aber ist das nicht auch so bei allen anderen Anschaffungen. Kaum jemand würde noch etwas für einen Röhrenfernseher bezahlen.

Was ist eigentlich der entscheidende Restwert-Faktor bei einem Elektrofahrzeug? Und wie verhielt er sich über die vergangenen Jahre?
Einen entscheidenden Restwert-Faktor gibt es nicht. Es ist immer die Summe verschiedener Faktoren. Kommt dazu: Beim Autokauf spielen Emotionen schon eine sehr grosse Rolle.

Was muss der Händler aktuell und in naher Zukunft besonders beachten, wenn er E-Fahrzeuge an- und verkauft?
Wie immer, muss er wissen, was er tut. Nicht jedes Elektroauto ist «der Renner». Ferner muss er darauf achten, ob Batterien im Kaufpreis enthalten sind, oder ob diese gemietet wurden (z.B. bei Renault). Jüngere Fahrzeuge dürften etwas wertstabiler sein.